Auf den Spuren Martin Luthers durch seine „liebe Stadt“ Eisenach


Am 14. September 2013 folgten 30 Mitarbeitende aus Oberkleen und Ebersgöns der Einladung von Pfarrer Michael Ruf zum diesjährigen Mitarbeiterdank in die thüringische Stadt Eisenach.

Unsere Stadtführung auf den Spuren des Reformators Martin Luther beginnt am Denkmal eines anderen, nicht weniger bedeutenden Sohnes der Wartburgstadt, dem Komponisten Johann Sebastian Bach, der 1685 hier geboren wurde. Sein Geburtshaus am Frauenplan Nr. 21 beherbergt ein großes Museum, das dem Komponisten gewidmet und sicherlich einen eigenen Besuch wert ist, wie so vieles, was wir an dem Tage in Eisenach aus Zeitgründen nur gestreift haben. Hier vor dem Bachdenkmal entstand unser Gruppenbild.

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Durch die kleine, aber feine Eisenacher Einkaufsstraße, die Karlstraße, wo einige von uns dem verlockenden Duft der Thüringer Rostbratwurst nicht widerstehen konnten, führt unser Weg vorbei am rosafarbenen Stadttheater, vielen wunderschön restaurierten Stadthäusern, dem Schmalen Haus – gerade mal zwei Meter breit – hinüber zum Karlsplatz vor dem Nikolaitor.

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Dort steht das überlebensgroße Standbild aus Bronze eines unbeugsamen Martin Luthers mit der Bibel in der Hand, der seine Thesen trotz Repressalien nicht widerruft. Die vier Reliefs am Sockel zeigen Stationen im Leben des Reformators mit Bezug auf seine „liebe Stadt“ Eisenach. Das erste Relief stellt den Knaben als Kurrendesänger zusammen mit Frau Cotta dar, einer wohlhabenden Bürgersfrau, vor deren Tür der mittellose Schüler Luther sich mit dem Singen von Kirchenliedern sein Brot verdient, als er mit 15 Jahren von seinen strengen Eltern von Eisleben nach Eisenach zur Lateinschule (1498-1501) geschickt wird zur Vorbereitung auf das Jurastudium. Frau Cotta nimmt den jungen Luther in ihr Haus auf. Ihr liebevolles Familienleben prägt Luthers späteres Leben mit seiner Frau Katharina von Bora und seinen Kindern. Das zweite Relief zeigt Luther am 4. Mai 1521 nach seiner Entführung auf dem Rückweg vom Reichstag zu Worms, wo er den Widerruf seiner Thesen erneut verweigert hat, wie er inkognito als Junker Jörg verkleidet auf die Wartburg gebracht wird. Hier verbringt er elf Monate in unfreiwilliger Gefangenschaft, da im Wormser Edikt im Mai 1521 die Reichsacht über ihn verhängt wird. Das dritte Relief am Sockel des Lutherdenkmals zeigt ihn in seiner Bücherstube auf der Wartburg beim Schreiben: In nur zehn Wochen übersetzt er das Neue Testament direkt vom Griechischen in die deutsche Sprache, um dem Volk den Zugang zur Bibel zu ermöglichen. Der Legende nach wird er dabei wiederholt vom Teufel belästigt, weshalb er mit dem Tintenfass nach ihm geworfen haben soll, um ihn zu vertreiben. Das vierte Relief verdeutlicht Luthers Lebensmaxime und zeigt den Anfang seines Kirchenliedes „Ein feste Burg ist unser Gott“.

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Unser Stadtrundgang führt uns vorbei an Luthers Lateinschule zum Haus der Familie Cotta, dem jetzigen Lutherhaus. Hier wird Luther als Schüler, Bibelübersetzer, Kirchenlehrer, Liederdichter und Erzieher des deutschen Volkes gezeigt, der die deutsche Sprache entscheidend prägte und die Städte aufforderte, Schulen einzurichten. Eine Ausstellung zur Entstehung des evangelischen Pfarrhauses, die in die Zeit um 1520 fällt, da die Priester mit der Reformation nicht mehr an das katholische Zölibat gebunden sind, zeigt Luther in einem Doppelporträt von Lucas Cranach d. Ä. mit seiner Frau Katharina von Bora, seinem „Herrn Käthe“, wie er sie liebevoll nannte, da sie für ihn keine untergeordnete Dienstmagd war, sondern seinen großen Haushalt – viele Studenten, Verwandte und Kranke fanden bei Luthers Aufnahme – wie ein mittelständiges Unternehmen leitete. Mit dem evangelischen Pfarrhaus entstand eine kulturtragende Institution, aus der im Laufe der Jahrhunderte eine Vielzahl bedeutender Gelehrter hervorgingen wie zum Beispiel Bodelschwingh, Herder, Hesse, Lessing, Nietzsche, Schinkel, Schliemann, Schweitzer. In der Ausstellung „Gratwanderung“ von Schülern eines Eisenacher Gymnasiums erfahren wir etwas über das schwierige Thema der Rolle der Evangelischen Kirche im Nationalsozialismus am Beispiel des Eisenacher „Entjudungsinstituts“.

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Nach kurzer Busfahrt zur Wartburg und dem Aufstieg zum Burghof sammeln wir neue Kräfte bei Kaffee und Kuchen und einem herrlichen Blick über die drei Villenviertel Eisenachs für die letzte Führung dieses Ausflugs durch den Pallas der Wartburg, das Hauptgebäude der mittelalterlichen Burg, erbaut zwischen 1155 und 1180.

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Er gehört zu den schönsten und besterhaltenen Profanbauten der Spätromanik diesseits der Alpen. Die Wartburg war weltberühmter Musenhof, an dem nicht nur Walther von der Vogelweide sang und Wolfram von Eschenbach wirkte. Die darauf bezogene Sage vom Sängerkrieg auf der Wartburg erlangte durch die Wagner-Oper „Tannhäuser“ Weltruhm. Dieser Sängerwettstreit ist auf einem Monumentalfresko im Sängersaal auf beeindruckende Weise dargestellt. Auch die am Anfang des 20. Jahrhunderts mit farbenprächtigen Mosaiken neu geschmückten Wände und Gewölbe der Elisabeth-Kemenate, die Szenen aus dem Leben und barmherzigen Wirken der Heiligen Elisabeth zeigt, beeindruckten uns sehr. Zum Abschluss der Führung kamen wir im großen Festsaal, der wegen seiner hervorragenden Akustik einer der beliebtesten Konzertsäle Deutschlands ist, noch in den Genuss einiger wagnerianischen Klänge.

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Endlich durften wir auch die Lutherstube mit dem nicht mehr vorhandenen Tintenklecks betreten, wo er 1521 Zuflucht fand und das Neue Testament übersetzte.

Mit diesen monumentalen Eindrücken kehren wir gegen 17:00 Uhr nach kurzer Fahrt durch die engen Gassen Eisenachs in den Eisenacher Hof ein, wo man uns wie zu Luthers Zeiten mit Gänsewein, dunklem Gerstensaft, Lutherfladen und Bratäpfeln für wenige Taler, aber mit vielem „sehr wohl, edler Herr und edle Dame“ bewirtete. So gesättigt und wohlig erschöpft – körperlich wie geistig – treten wir die Heimreise an.

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Herzlichen Dank an Pfarrer Ruf für diesen besonderen,
erlebnis- und informationsreichen Ausflug!

Ulla Wiechmann


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