Evangelische Kirche Ebersgöns


Kirche Eb 1

Die Ebersgönser Kirche hat ihren Ursprung in der bereits 1360 erstmals erwähnten Kirche „Maria Magdalena“. Bei dem Urgebäude aus der Romanik muss es sich um den heute ältesten Gebäudeteil der Kirche mit gut 1 Meter dicken Wänden handeln. Bei der Innenrenovierung 1958 wurde der Innenputz abgeschlagen. Auf dem so freigelegten Mauerwerk wurde an einer Stelle das Steinmetzzeichen der Herren von Isenburg festgestellt. Um 1690, diese Jahreszahl findet sich auf der ältesten noch erhaltenen Glocke, wurde die Kirche umgebaut und erweitert. Besonders der Chorabschluss muss verändert worden sein und die Kirche einen Turm zur Aufhängung einer Glocke erhalten haben. Die Kirche mit dem heute noch vorhandenen Grundriss wurde 1772 fertig gestellt. Damals wurde das Kirchenschiff um den Chorraum in Richtung Osten erweitert. Mit einem verputzten Fachwerkbau wurde das Kirchenschiff verlängert. Außerdem hat es eine schön stuckierte Flachdecke erhalten sowie barocke Emporen an drei Seiten.

Kirche Kanzel b           Kirche Kanzel a

Die ebenfalls barocke Kanzel, an der Schnittstelle beider Gebäudeteile, trägt noch heute die Jahreszahl ihrer Fertigstellung in der vierteiligen Inschrift: „SOLI DEO / GLORIA / 17 / 72“. Sie wurde im Jahr 2011 durch Karl-Bernd Beierlein restauriert und in den ursprünglichen farblichen Zustand von 1772 versetzt.

Kirche Eb 4
Der Schalldeckel vom Innern der Kanzel aus betrachtet

Kirche Eb 5

Der Schalldeckelschmuck der Ebersgönser Kanzel diente zur Vorlage des Wappens, das der Gemeinde Ebersgöns 1974 genehmigt wurde: „In Grün ein doppelter silberner Wellenbalken, darauf eine goldene Gans mit einer umgestülpten goldenen Krone um den Hals“. Die Darstellung einer Gans wird in der Kirchenkunst mit dem tschechischen Kirchenkritiker Jan Hus in Verbindung gebracht. Der war auf dem Konstanzer Konzil zum Ketzer erklärt, zum Tode verurteilt und am 6. Juli 1415 verbrannt worden. 1531 schrieb Martin Luther: „S. Johannes Hus hat von mir geweissagt, da er aus dem Gefängnis im Böhmerland schreibt: Sie werden jetzt eine Gans braten (denn Hus heißt eine Gans) aber über hundert Jahren werden sie einen Schwan singen hören, den sollen sie leiden. Da soll’s auch bei bleiben, ob Gott will.“ (1) 1541 schrieb der Reformator, dass Jan Hus, der als sein Vorläufer bezeichnet werde, geäußert habe: „Über hundert Jahr sollt ihr Gott und mir antworten. Auch, sie werden eine Gans braten (Hus heißt Gans). Es wird ein Schwan nach mir kommen, den werden sie nicht braten. Und ist also geschehen.“ (2) Diese Bemerkungen Luthers gehen auf überlieferte Aussagen von Jan Hus zurück. In einem Brief aus Konstanz von 1414 weist Jan Hus auf kommende Nachfolger hin. Seinem Namen entsprechend bezeichnet er sich als zahme Gans, die zu größeren Leistungen nicht fähig sei. Statt einer schwachen Gans sollen durch Gottes Gnade die Gemeinde der Getreuen durch Falken und Adler gefestigt werden. (3) In mehreren Kirchen Ostfrieslands werden in Abendmahlsdarstellungen Jan Hus mit der Gans und Martin Luther mit dem Schwan dargestellt. (4) Auf einer silbernen Jubelmedaille von 1717 sind auf der einen Seite eine bratende Gans, auf der anderen ein schwimmender Schwan dargestellt. (5) Auf zweiundachtzig lutherischen Kirchen in Ostfriesland und Oldenburg dienen Schwäne als Wetterfahnen. (6) Doch nicht immer sind sie als ein Hinweis auf Martin Luther gedacht. So trägt die Kirche aus Berndorf mit dem Schwan das Wappen einstiger Patronatsherren und die Kirchen in Schwanenwede (Kreis Osterholz-Scharmbeck) und Svaneke (Ostküste der Insel Bornholm) verdanken den Schwan auf ihren Kirchtürmen sicher ihrem jeweiligen Dorfnamen. (7) Die goldene Gans, zumal mit umgestülpter Krone um den Hals, auf dem Schalldeckel der Ebersgönser Kanzel wird kaum als eine Verehrung von Jan Hus oder als ein Gleichnis auf Martin Luther verstanden werden können. Es ist anzunehmen, dass sie in Anlehnung an den Dorfnamen Ebersgöns entstanden ist.

Fußnoten:
1 Zitiert nach: Luther mit dem Schwan, Lutherhalle Wittenberg 1996, S. 9
2 Zitiert nach: Luther mit dem Schwan, S. 9
3 So: Luther mit dem Schwan, S. 9f.
4 Belege bei Luther mit dem Schwan, 50f.
5 Beleg bei Luther mit dem Schwan, S. 113
6 So: Luther mit dem Schwan, S. 79ff.
7 So: Luther mit dem Schwan, S. 73f

Unterhalb der Kanzel ist ein Grabstein in das Mauerwerk eingelassen. Er wurde bei der Aufnahme des alten Steinbodenbelags im Rahmen der Innenrenovierung 1958 gefunden. Er hatte aufs Gesicht gelegt als Teil des Kirchenfußbodens gedient. Die Inschrift erinnert an die am 2. Februar 1607 im Alter von 30 Jahren verstorbene Hedwig Weigel, Ehefrau des gräflichen Küchenmeisters zu Cleeberg.

Kirche Eb 7

1938 erhielt die Kirche eine neue Orgel, erbaut von der Firma Friedrich Weigle aus Echterdingen. In einem feierlichen Gottesdienst wurde sie am 19. Juni in Dienst gestellt; die Festpredigt hielt Pfarrer Kulke aus Niederkleen; am Nachmittag schloss sich eine kirchenmusikalische Feierstunde an. Die Orgel verfügt über neun Register, verteilt auf zwei Manuale und ein Pedal, sowie über fünf Koppeln. Ihre Disposition: Pedal (Subbass 16′ / Gedecktbass 8′ / Choralbass 4′) unteres Manual (Gedeckt 8′ / Principal 4′ / Mixtur 3-4fach); oberes Manual (Salicional 8′ ( Flöte 4′ / Principal 2′).

Der Altar ist aus Holz gearbeitet und wird von einer massiven Marmorplatte abgedeckt. Auf ihm stehen ein einfaches Holzkreuz ohne Christusfigur, zwei Leuchter und die Altarbibel, von Pfarrer Michael Ruf am 2. April 1995 nach zehn Jahren Dienst in dieser Gemeinde gestiftet. Ein kleines Podest für den Liturgen ist vor dem Altartisch errichtet.

2013 wurden für den Altar neue Antependien in den vier liturgischen Farben gefertigt:

Violett        Rot

Weiß        Grün

Neue Altarbehänge für die Ebersgönser Kirche

Die drei Türen der Kirche sind im Stil der Rokoko-Zeit gefertigt, ebenso die Holzbänke mit ihren Wangen.

1958 wurde die Kirche innen und außen renoviert. Ein elektrisches Geläut ersetzte die bis dahin vorhandenen Glockenseile aus Hanf, eine elektrische Heizung den alten Ofen nebst Kamin. Auch wurde der Glockenturm deutlich vergrößert. Seither läuten in der Ebersgönser Kirche drei Glocken. Die älteste stammt noch aus dem Jahr 1690, gegossen von Dillmann Schmid aus Asslar (gestimmt in h). Sie trägt die Umschrift: „WER VON GOTT IST DER HÖRET GOTTES WORT * MARTINUS MEURER CONRAD KÖHLER BEIDE SCHULDEIS ZU EBERSGENS“. Eine Glocke musste im Zweiten Weltkrieg abgegeben werden; sie wurde für die Waffenproduktion eingeschmolzen. Im Jahre 1950 wurde sie – von der Zivilgemeinde finanziert – wieder ersetzt. Von den Gebrüdern Rincker in Sinn gegossen (gestimmt in gis‘) trägt sie die Umschrift „Nach Kampf und Streit in schwerer Zeit ruf ich erneut zur Ewigkeit“. 1958 kam – ebenfalls von Firma Rincker, aber aus Spenden finanziert – eine dritte Glocke (gestimmt in cis“) im eigens erhöhten Dachreiter hinzu. Sie trägt das Bibelwort: „Christus spricht: Ich bin die Auferstehung und das Leben“ und die Umschrift: „Den Gefallenen und Vermissten der beiden großen Kriege zum Gedächtnis. Die Evangelische Gemeinde Ebersgöns“.

pdficon_small Die aktuelle Läuteordnung Ebersgöns kann heruntergeladen und so zur Kenntnis genommen werden.

1978 wurde die Kirche dann erneut in ihrem Inneren verschönert. Sie bekam einen frischen Anstrich. Auch wurden die 17 Emporengemälde restauriert. Sie zeigen zehn Bibelszenen aus dem Alten und sieben aus dem Neuen Testament, von der Schöpfung der Welt bis zur Kreuzigung Jesu. Mit Bildunterschriften in Schwarz mit Goldbeistrich bringen sie dem Betrachter das Thema der Darstellung und die dazugehörige biblische Fundstelle nahe. Sie stammen mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem letzten Viertel des achtzehnten Jahrhunderts und werden dem oberhessischen Kirchenmaler Daniel Hisgen zugeschrieben.

Die einzelnen Gemälde beschreiben:
Die Schöpfung der Welt 1 Buch Mose 1 Cap
Der Sündenfall 1 Buch Mose 3 Cap
Noahs Dankopfer 1 Buch Mose Cap 8
Besuch der Engel bei Abraham 1 Buch Mose Cap 18
Jacobs Traum 1 Buch Mose Cap. 28
Rahel und Jacob 1 Buch Mose Cap 29
Jacob und Laban machen einen Bund 1 B. Mose Cap. 30
Moses empfängt das Gesetz 2 B: Mose Cap 19
Naemis Abschied von ihrer Söhne Frauen Ruht Cap. 1
Daniel legt Nebukadnezars Traum aus Daniel Cap. 2
Marias Verkündigung Lucas. Cap: 1.31
Die Geburt Christi Math. Cap. 2
Die Flucht Christi nach Aegipten Math. Cap. 2
Die Taufe Jesu Christi Math. Cap: 3
Christi Leiden am Oelberg Math: Cap: 26
Die Einsetzung des H: Abendmahl Math: 26
Christus am Kreuz

Christi Auferstehung2012 wurde vom Kirchenmaler Karl-Bernd Beierlein mit Christi Auferstehung ein neues Bild geschaffen. Es schmückt den bisher leeren Platz unterhalb des Orgelspieltischs.

Bilder aller 18 Emporengemälde

Kaum beachtet stand der Taufstein mehr als 200 Jahre vor der Kirche im Freien. 1989 hat er seinen Platz in der Kirche wieder eingenommen. Vermutlich war der mittelalterliche Taufstein aus Basaltlava zuletzt vor 1772 in der Kirche und wurde im Zuge ihrer Vergrößerung ausgelagert. Auf einer schmiedeeisernen Platte, die eigens angefertigt wurde, ist nun die Taufschale eingelassen und hat die Osterkerze ihren richtigen Standort gefunden. 1989/90, im Zuge der letzten Außenrenovierung, als wieder der gesamte Putz abgeschlagen war, konnte man sehr schön die beiden Gebäudeteile erkennen: den älteren aus Kalksteinen und Feldsteinen gemauert und den jüngeren aus einer Fachwerkkonstruktion. An den Wandstärken in den Fensternischen erkennt der Besucher auch nach dem erneuten Verputzen des Gebäudes heute noch den älteren und jüngeren Teil.

Von 2005 bis 2012 wurde unsere Kirche in mehreren Abschnitten saniert.

pdficon_small Chronik der Kirchensanierung


Weitere Links:

  • Zahlreiche Aufnahmen der Ebersgönser Kirche können auch in Bildergalerien angeschaut werden, die über die Homepage vom Ortsbeirat Ebersgöns erreicht werden.